IKT-basierte Innovations- und Frühaufklärungsprozesse

Zukunftsorientiertes, strategisches Innovationsmanagement durch Methoden- und Software-basierte Unterstützung der frühen, strategisch relevanten Phasen des Innovationsprozesses durch den Einsatz moderner Instrumente und Tools des Corporate Foresight Ansatzes (wie bspw. Bibliometrics, Patent Monitoring, Environmental Scanning, PESTEL-Matrix, Scenario Workshops).

Die Ausgangslage

Kürzer werdende Produktlebenszyklen, schnellerer technologischer Wandel und eine daraus resultierende höhere Innovationsgeschwindigkeit und –verbreitung stellen für viele Unternehmen große und oft kritische Herausforderungen dar. Wird diesen Veränderungen im Unternehmensumfeld mit Ignoranz und struktureller organisationaler Trägheit begegnet, kann es rasch dazu führen, nicht mehr am Puls der Zeit und somit auf längere Sicht nicht mehr erfolgreich zu sein. Strategisch verankerte und durch moderne Informations- und Kommunikations-Technologien unterstützte Innovationsprozesse spielen in diesem Kontext eine immer wesentlichere Rolle, um mit innovativen, marktorientierten und technologisch führenden Produkten im internationalen Umfeld zu reüssieren.

Das Projekt

Die FH OÖ und die Smartpoint IT Consulting haben dies zum Anlass genommen und gemeinsam mit den Unternehmen Doka, Fronius und Pöttinger das Forschungsprojekt InnoStrategy 2.0 initiiert.

 

Im Zuge dieses Projektes werden gezielt die frühen Phasen im Innovationsprozess – also jene Phasen, die noch vor der Ideengenerierung stattfinden – adressiert. Im Rahmen einer groß angelegten Voruntersuchung konnte festgestellt werden, dass insbesondere die Phasen der Opportunity Identification und der Opportunity Analyse bei vielen Unternehmen nur unstrukturiert und nicht systematisch ablaufen.

 

Typische Aktivitäten in diesem Teil des Innovationsprozesses umfassen bspw. das Erkennen von innovationsrelevanten Signalen im Unternehmensumfeld (Patente, Publikationen, Meldungen und Aktivitäten des Mitbewerbs, etc.) und das Bewerten und Zusammenführen solcher Signale bspw. in Form von Trends (Trend Monitoring). Eine weitere Herausforderung, der sich Unternehmen aller Größen hier stellen, besteht in der Integration und Berücksichtigung beobachteter Trends und Entwicklungen im Zuge des nachgelagerten Ideengenerierungsprozesses. Bestehende Lösungen in diesem Bereich konzentrieren sich entweder auf einzelne Teilaspekte im Bereich Opportunity Identification oder bieten erst ab der Ideengenerierung Unterstützung an.

 

Das im Projekt InnoStrategy entwickelte Prozessmodell und die dahinter stehende Software Plattform decken hingegen sowohl Opportunity Identification und Analyse als auch Ideengenerierung und -bewertung ab.

 

Ein Schlagwort, das in diesem Kontext von wesentlicher Bedeutung ist, ist der Ansatz des „Corporate Foresight“ (CF) (zu Deutsch: Strategische Frühaufklärung in Unternehmen). Dieser Ansatz umfasst (1) das Monitoring und Scannen von Veränderungen, Entwicklungen und Trends im Unternehmens-Umfeld, sowie (2) das Ableiten entsprechender Rückschlüsse und Reaktionsmöglichkeiten und Handlungsempfehlungen im Kontext des jeweiligen Unternehmens. Durch die Anwendung von Tools und Methoden des Corporate Foresight Ansatzes werden Signale gesammelt, relevante Sparks erfasst und als wichtiger Input in den eigentlichen Innovationsprozess eingespeist.

 

 

Das durch diese Methoden-Kombination entstehende Tool-Set adressiert gezielt jene Bereiche, die auch im klassischen Wissensmanagement von grundlegender Bedeutung sind:

  • Bestehendes Wissen ausbauen (in der Plattform abgebildete Methoden: Bibliometrics und Environmental Scanning)
  • Implizit in den Köpfen von Mitarbeitern und Experten vorhandenes Wissen erfassen (durch Scenario Workshops oder im Zuge des Environmental Scannings)
  • Neues Wissen in Form identifizierter Trends, möglicher Zukunftsszenarien oder potentieller Schlüsseltechnologien generieren (im Zuge von Scenario Writing oder Trend Extrapolation)

Durch die Abbildung der klassischen Methoden des Corporate Foresight in Form vom semi-automatisierten Software-Modulen der SW-Plattform wird eine weitgehende Digitalisierung des Prozesses am Front End of Innovation und ein Transfer des dort generierten Wissens in den eigentlichen Ideen-Generierungs- und –Evaluierungsprozess ermöglicht.

 

Die Plattform umfasst neben klassischen Methoden des Corporate Foresight wie bspw. Szenario-Planung, Trend Extrapolation oder Scenario Writing auch semi-automatisierte Software-gestützte Methoden wie Bibliometrics-Funktionen oder die Anbindung von Foren, Patent- und Publikationsdatenbanken und weiteren relevanten Internet-Quellen. Hierdurch sollen Signale erkannt, gesammelt, aufbereitet und als Spark (=relevantes Signal) in den Innovationsprozess eingespielt und schrittweise detailliert werden, um in weiterer Folge als Ausgangsbasis zur Trend-Identifikation und Ideengenerierung zur Verfügung zu stehen.

 

Durch Datenbank-Monitoring-Module kann semi-automatisiert eine große Anzahl an Signalen in Form von bspw. Patenten und wissenschaftlichen Publikationen kontinuierlich überwacht und in grafischer Form als Entscheidungsunterstützung zur Generierung von Sparks, zur Identifikation von Trends und als wichtiger Auslöser für die Ideengenerierung herangezogen werden.

 

Nachfolgende Abbildungen zeigen exemplarisch einige mögliche Formen der Visualisierung gesammelter Patente und Publikationen in Form von Geo-Maps, Autoren-Netzwerken und Topic-Clouds.

 

Geografisch visualisierte Patente ermöglichen es Unternehmen, Rückschlüsse auf internationale Veränderungen und Verlagerungen in den überwachten Patentklassen zu ziehen und frühzeitig neue Konkurrenten zu erkennen oder bestehende Märkte sichtbar zu machen.

 

Autorennetzwerke bilden zum einen die Inhaber von Patenten und zum anderen die Verfasser wissenschaftlicher Publikationen ab. Dies erlaubt das Identifizieren von Spitzenreitern in bestimmten Technologie-Feldern und von Experten in bestimmten Themenbereichen. Die jeweiligen Einträge (Patente, Publikationen) können semi-automatisiert als Spark erfasst und in den Innovationsprozess integriert werden.

 

Zusätzlich erlaubt die Plattform auch das manuelle Erfassen und Zuweisen von Sparks, die bspw. im Zuge von Kundengesprächen, im Rahmen eines Messebesuches oder einer internen Besprechung identifiziert oder durch Anwendung einer der in der Plattform abgebildeten Corporate Foresight-Methoden generiert wurden. Die so erfassten Sparks können bestehenden Challenges und Trends zugewiesen werden, neue Trends auslösen oder bestehenden widersprechen, auf eine Watchlist gesetzt oder im Zuge des PESTEL-Moduls kontinuierlich überwacht werden.

 

Im Zuge von Challenges kann gezielt und entsprechend den strategischen Vorgaben bzw. den Anforderungen, die sich aus Sparks und Trends ergeben, mit der Ideengenerierung in Form von Innovationswettbewerben begonnen werden. Neben internen Mitarbeitern können per Extranet auch Kunden und Lieferanten zu bestimmten Challenges eingeladen und deren Wissen somit in den Innovationprozess integriert werden.

 

Die Autoren

Patrick Brandtner, BA MA

Wissenschaftlicher Mitarbeiter Digital Business, FH OÖ Campus Steyr

E-Mail: patrick.brandtner@fh-steyr.at

 

FH-Prof. Dr. Kurt Gaubinger

Studiengangsleiter MEWI & AMM, Vizedekan FH OÖ Campus Wels

E-Mail: Kurt.Gaubinger@fh-wels.at

 

Weitere Informationen zum Projekt

www.innostrategy.at

 

Wir freuen uns über Kommentare und Ihre Kontaktaufnahme.

 

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