Der Nutzen ist ein wirtschaftlicher Wert. In der Nutzentheorie ist der Nutzen die Fähigkeit eines Gutes, ein bestimmtes Bedürfnis des konsumierenden Haushalts (bzw. eines konsumierenden Individuums) befriedigen zu können. (vgl. Nieschlag/Dichtl/ Hörschgen, 1997, S. 7 f.).
In der klassischen Nutzenlehre wird zwischen Grundnutzen und Zusatznutzen unterschieden. Vgl. Vershofen (1940, S. 71).
Danach stiftet jedes Produkt zunächst einen Grundnutzen, der aus den wirtschaftlichen, technisch-stofflichen und funktionalen Eigenschaften eines Gutes resultiert.
Einen Zusatznutzen erlangt man, wenn dieses, etwa durch Design, seine Markierung oder das Image, das ihm anhaftet, auch seelisch-geistige Bedürfnisse befriedigt.
Hierbei lassen sich unterscheiden
- ein persönlich bedingter Individualnutzen (z.B. Erfüllung eines Verlangens nach Schönheit)
- ein Geltungsnutzen (Vermittlung von Sozialprestige, Förderung von Zuneigung usw.).
Der Nutzen ist somit immer etwas Subjektives, d.h. ein sehr schwer überprüfbarer Wert.
Darum ist die Fragestellung an den Kunden oder seiner Repräsentanten nicht dadurch erschöpft, dass man ganz einfach nach dem erwarteten Nutzen fragt, der Kunden hat oftmals keine konkreten Antworten darauf, sondern in einer breiteren Umfeldbetrachtung die Situation des Kunden analysiert, dessen Probleme erkennt und in der Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung Lösungen anbietet, auch solche, die der Kunde bisher noch gar nicht kennt bzw. kennen konnte.
Beispiele dazu gibt es viele, wie z.B. Amazon mit den Kindle (als elektronisches Buch), das den gesamten Buchmarkt revolutioniert hat. Was ist dabei konkret der Nutzen?
Die Antwort kann vielfältig sein: Man hat seine Bibliothek bei der Hand, kann Bücher lesen, um Wartezeiten zu überbrücken, muss im Urlaub nicht 5-10 Bücher in den Koffer einpacken und wieder zurück mitnehmen (also ein Manipulation und Gewichts Problemfeld weg), man ist nicht an Öffnungszeiten der Buchgeschäfte gebunden, man kann sich sofort dem Buch kaufen, wenn man es will, es kommt somit denn ich will es jetzt und sofort Bedürfnisse entgegen, man kann in der Nacht lesen, ohne das Licht auftreten zu müssen, ein elektronisches Buch ist ökologisch (es musste kein Baum dafür gefällt werden),…
Allein ein gelöstes Kundenproblem stiftet Nutzen
Wenn eine Erfindung und Neuigkeit erfolgreich auf dem Markt gebracht werden, bedeutet das nur eines: Es konnte ein bzw. das kaufentscheidendes Kundenproblem gelöst werden.
Das Kundenproblem ist also immer vor einem Bedürfnis oder vor einem Bedarf isoliert, gesondert und in seinen Lösungsmöglichkeiten zu betrachten und in seiner Tiefe zu analysieren.
Beispiel zur Ablöse des Walkman: Wenn ich einen Walkman habe, benötige ich für das mobile Musikhören noch keinen iPod, also wäre mein Grundproblem des mobilen Musikhörens eigentlich damit, zu mindestens dem Grundsatz nach, gelöst, und meinem Bedürfnis nach Mobilität wäre auch Rechnung getragen worden.
Aber was macht dann wirklich den Erfolg des iPods aus?
- Welche Probleme löst der iPod besser als ein Walkman?
Er ist kleiner, leichter und kompakter; es können viel mehr Lieder gehört werden, Lieder können gelöscht werden; es können neue Lieder hinauf gespielt werden; er kann über den Akku aufgeladen werden und benötigt keine Batterien, und vieles andere mehr
- Welche Probleme löst der iPod besser als ein anderer MP3-Player?
Er ist ein Apple-Produkt; er ist Marke, er hat ein wunderschönes Design, er ist klein, er kann auch gebraucht ohne Probleme wieder verkauft werden, …
Der Kundennutzen hat unterschiedliche Dimensionen:
Die Grundstruktur zeigt sich aus dem folgenden Schaubild:
Abbildung 1: Dimensionen des Kundennutzen
Die Dimensionen beim technischen Nutzen können dabei folgende sein:
· Technische Produktmerkmale
· Qualität, verw. Materialien
· Betriebs- und Service Kosten
· Standardisierung
· Modularisierung
· Garantierte Lebensdauer
· Platzbedarf
· Energiebedarf
Auch der Dienstleistungsnutzen verfügt über verschiedene Facetten:
· Technischer Kundendienst
· Lieferservice
· Ersatzteilservice
· Ersatzteil-Liefergarantie (… Jahre)
· Hotline Beratung, Chat Bots
· After Sales Service
Jedes Produkt hat auch einen kommunikativen Nutzen, der könnte beispielsweise sein:
· Unternehmensimage
· Technologie Kompetenz
· Design
· Branchentechnolog. Erfahrung
· Fachberatung
· Marke
· Referenzen, Empfehlungen
Und zuletzt, auch der Kosten-Nutzen ist sehr wohl relevant, er hängt aber in der Praxis sehr oft von den vorangegangenen Nutzen-Dimensionen und dem konkreten Nutzenversprechen ab. Hier entscheidet der Kunde, ob ihm das Produkt den verlangten Preis wert ist:
· Produktpreis
· Zahlungsbedingungen
· Schulungskosten
· Montagekosten
· Wartungs-, Lieferkosten
· Finanzierungsmöglichkeiten
· Gegengeschäfte
· Mietmodelle
Aus Kundensicht reduziert der (erwartete) Nutzen sich doch fast immer wieder auf 3 Kern-Aspekte, die allesamt stimmig im Produkt- und Leistungspaket miteinander verknüpft sein sollten:
Abbildung 2: Preis-, Zeit- und Qualitätsnutzen
Dr. Thomas Reischauer MBA
Reischauer Consulting GmbH
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Harald Schützinger (Freitag, 22 Oktober 2021 13:53)
Super Beispiel mit dem Walkman. Denn es zeigt auf, dass man stets überprüfen muss, ob der Nutzen noch immer gegeben ist bzw. überprüfen muss, ob nicht ein noch emotional wirksamerer Nutzen erbracht werden kann. Wenn man stets schaut, dass man nicht stehen bleibt und den Nutzen nicht nur erhält, sondern laufend und damit inkrementell verbessert, erzeugt man irgendwann eine Innovation. Oft fällt es dann gar nicht mehr auf, dass die Summe aller kleinen Schritte zu einem genialen Ganzen geworden sind. Denn Ideen haben ja viele. Doch alle Puzzlesteine zu einem stimmigen Wertangebot zusammenzusetzen, ist die große Kunst.